Nach über zwei Jahren intensiven Vorbereitens, Übens und Probens war es am 28. Juni 2022 endlich soweit: die Premiere unseres langersehnten Musicals stand bevor. Die Aula unseres Gymnasiums verwandelte sich dazu in einen Marktplatz von Sevilla. Bereits beim Eintreten konnten die Besucher durch unsere offene Bühne einen Blick auf das mit bunten Blumen geschmückte Bühnenbild sowie unsere Darstellerinnen und Darsteller im 80er Jahre Look werfen. Schließlich betrat der Stierkämpfer Escamillo, gespielt von Felix Wiesheu und in unserer Version ein Boxer, die Bühne und begrüßte das Publikum.
Daraufhin startete unser Musical mit dem ersten Song „Cruel Summer“; bereits hier konnten unsere Sängerinnen und Sänger samt Tänzerinnen und Band die Leute in ihren Bann ziehen und entführten sie nach und nach in die Welt der von Leidenschaft und Sprunghaftigkeit getriebenen Carmen. Diese Hauptrolle verkörperte Elena Auerbach vortrefflich, die sowohl schauspielerisch als auch gesanglich glänzte. Ihr Paradestück „Holding out for a hero“ begeisterte das Publikum und zeigte all ihre Energie und Kraft auf. Als Gegenpart zur hitzigen Carmen trat Ella Butz immer wieder als sanfte und unsichere Micaela in Erscheinung und stellte mit gefühlvoll vorgetragenen Balladen wie „Hello“ ihre reine Liebe dar. Im ersten und zweiten Akt war das Objekt der Begierde beider Frauen der Wachsoldat José, der von Johannes Zehentmair verkörpert, hin- und hergerissen zwischen Pflichtbewusstsein und Verlangen immer weiter in den Bann von Carmen gerät und aus Liebe zu ihr sogar einen Mord begeht. Diesen Zwiespalt in Josés Persönlichkeit brachte Johannes dem Publikum durch seine Glanzleistung sowohl stimmlich als auch schauspielerisch hervorragend näher.
Romantische Balladen wechselten sich im Lauf unseres Musicals immer wieder mit großen Tanznummern (unter anderem „Fame“ und „It’s raining men“) ab und boten so einen bunten und abwechslungsreichen Abend. Im dritten und vierten Akt entfremden sich Carmen und José immer weiter, da Carmen Gefühle für den heroischen Torero Escamillo entwickelt. Die Rolle des überheblichen Stierkämpfers füllte Felix Wiesheu perfekt aus, was er unter anderem im Song „Eye oft he tiger“ bewies. Besondere Spannung erzeugte am Ende unseres Stückes der Wechsel zwischen dem Stierkampf um Escamillo im Bühnenhintergrund mit dem Streitgespräch zwischen Carmen und José im Vordergrund. Dazu erklang immer wieder das Torerolied, welches bei der zeitgleichen Tötung des Stieres und Carmens letztendlich in den Song „Jeanny“ (bei uns umgedichtet als „Carmen“) mündete. Hier offenbarten sich einmal mehr Johannes Zehentmairs Schaulspielkünste, als er total weggetreten die tote Carmen besingt und schließlich verhaftet und abgeführt wird. Letztendlich löst sich an dieser Stelle auch das Mysterium um den in unserer Inszenierung immer wieder auftauchenden Stier auf: als Symbol für unbändige Freiheit und Lebenslust, aber auch als Schicksalsbote steht er stellvertretend für Carmen und verliert mit ihr zusammen sein Leben.
Eine letzte Überraschung hielt unser Musical dennoch bereit: Carmen war in unserer Musicalversion gar nicht tot, sondern hatte sich mit einer schuss- und stichsicheren Weste vor José geschützt, so dass sie beim großen Finalsong „I will survive“ wieder aufstehen und das ganze Ensemble zu sich holen konnte. Frenetischer Applaus folgte auf die meisterliche Leistung unserer Schülerinnen und Schüler.
Ein herzliches Dankeschön noch einmal an alle Beteiligten, die zum Gelingen dieses musikalischen Highlights beigetragen haben: das P- Seminar Musiktheater, den großen Chor, die Tänzerinnen und die Musicalband sowie an alle, die im Hintergrund zum Erfolg unseres Musicals beigetragen haben.
Gerhard Krämer